Der Name Morcote stammt vom Frühlateinischen MORA, das eine felsige Gegend bezeichnet und CAPUT, das Kopf oder Ende bedeutet. MORAE CAPUT bedeutet daher Ende des Berges oder des Felsens, Spitze der Halbinsel.
In einem Dokument von 926 erscheint erstmals die Bezeichnung für den Bewohner von Morcote:
HABITATOR IN MURCAU. In der Zeit der grössten Pracht des alten Dorfs Morcò hatte die Siedlung die Form eines Amphitheaters und erstreckte sich von Vico Morcote bis Porto Ceresio, damals Porto Morcote geheissen.
Will man den Papstchroniken glauben, stammt die Familie des Märtyrers Aniceto, der von 157 bis 168 Papst war, aus Vico Morcote. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass die Geschichte von Morcote älter sein kann.
Bis 1847, dem Jahr des Baus des Damms von Melide, war Morcote ein blühender Handelsplatz und es gab dort einen riesigen Warenaustausch, Morcote war der grösste Hafen des Luganersees.
Grosse Flosse und Kähne pendelten zwischen Morcote und Porto Ceresio, um Passagiere und Waren zu transportieren, handelte es sich doch um den schnellsten Weg nach Varese, Como und Mailand.
1412 erhielten die Morcotesi von den Herzogen von Mailand Ausnahmesatzungen, Privilegien und das Wappen. Für die 2000 Einwohner des Dorfes bedeutete das Eigenständigkeit und daher die Möglichkeit, die Volksrepublik zu proklamieren, um das öffentliche Gut zu verwalten. Ein kleines Parlament wählte den Podestà, zwei Konsule, zwölf Richter und den Kapitän. Die Morcotesi verfügten auch über eine eigene Gerichtsbarkeit und der Henker vollstreckte die Todesstrafen in der Nähe der Henkerkapelle, am Ausgang des Dorfs in Richtung Figino. Ausser den Fischereirechten im Golf von Porto Morcote, in der Poiana bei Brusino, bis zur Forca di San Martino bei Paradiso, zu den gewährten Privilegien gehörten auch Marktrechte wie der Verkauf von Fisch in Mailand und die Befreiung von Mauten.
Für diese Rechte zahlten die Morcotesi 100 Gulden den Visconti, darauf den Sforza, den Rusca, den Sanseverino, den Spaniern, den Franzosen, den Österreichern und zuletzt in den drei Jahrhunderten, als es schweizerisches Untertanengebiet war, dem Landvogt. Vico Morcote und Arbostora waren Bereiche der Sommerresidenz, bevorzugt von den adligen Patrizierfamilien. Verschiedene Gebiete, wie die Umgebungen von San Giorgio, Finate, Campo di Prete, Pian Porto und Carabietta kannten die Besiedlung während dieser blühenden Periode. Nur die Pest, ausgebrochen 1432, versetzte dem Glanz dieser Epoche einen schweren Schlag: Die Kraft der Krankheit war so gross, dass nur die Angehörigen von sieben Familien überlebten.
Die Jahre, die auf die Pest folgten, fielen zusammen mit dem Beginn der Geschichte der berühmtesten Morcotesi und ihrer Familien. Ingenieure, Architekten, Maler, Bildhauer, Gipser, Ziselierer, Ärzte, Wissenschaftler, Schriftsteller und Handwerker trugen zur Bildung der westlichen Kultur in vielen europäischen Ländern bei.
Im Jahrbuch von 1984 der Schweizerischen Gesellschaft für Familienforschung wird eine Liste zitiert, erstellt von Sylvia Palombo-Fossati, wo die Namen von über hundert nennenswerten Mitgliedern von Morcoteser Familien aufgeführt sind. 1623 gründete der berühmte Architekt Giuseppe Fossati die Scuola dei Comacini Morcotesi, die Schule der Handwerker, um diese auf die Auswanderung und die langen Lehr- und Wanderjahre vorzubereiten.
Die talentiertesten Schüler konnten sich im Alter von 10 Jahren, die übrigen im Alter von 12 Jahren einschreiben. Die Ausbildung dauerte 3 Jahre.
Ausser Fossati selbst dienten als Lehrer der Maler Pietro Isella (Schloss Schönbrunn), die Ingenieure Caccia und Paleari, der Maler Maspoli, der Bildhauer Tiravanti und im Laufe der Jahrhunderte viele andere.
Der amtierende Priester war oft Zeichenlehrer, lehrte Italienisch und gab den Begabtesten die Möglichkeit, als zweite Sprache Latein zu lernen. Nach Abschluss der Ausbildung folgten die dreizehn- oder fünfzehnjährigen Jungen ihren Landsleuten ins Ausland, mit dem Zweck, eine angemessene Beschäftigung als Maler, Restaurator, Gipser und Bildhauer zu finden.
1902 brachte die Eröffnung der kantonalen Zeichenschule mit Sitz in Morcote die Schliessung der Scuola dei Comacini Morcotesi mit sich.
Auszug aus «Morcote La Perla del Ceresio»
von Adriano Antonini – Carlo Meazza, Verlag Macchione